Zur Geschichte unseres
Freizeitdorfes
Wer erinnert sich an 1972?
In München fand die tragische Olympiade statt. In diesem Jahr wurde der deutsche Grundlagenvertrag zwischen der BRD und der DDR unterzeichnet. Im folgenden Jahr 1973 stand die 2. Jahreshälfte im Zeichen der ersten Erdölkrise mit einer Preisteigerung bei Öl von 70%. Willi Brandt war Bundeskanzler und Helmut Kohl wurde zum CDU-Vorsitzenden gewählt.
Zu dieser Zeit fanden sich 3 Herren zusammen, die ein Geschäftsmodell entwickelten, das allen entsprechenden Gewinn bringen sollte: Ein Tourismusmanager, ein Architekt und ein Sägewerksbesitzer.
Die Idee
Die Idee der 3 Herren war, dass der Tourismus zukünftig aufgrund der gestiegenen Ölpreise wieder stärker im Inland stattfinden würde und dass daher die deutschen Mittelgebirge für Touristen wieder attraktiver würden. Also entstand der Plan, Feriendörfer in reizvoller Naturlandschaft zu erstellen und zu bewirtschaften. So wurden ähnliche Anlagen bei Hirzenhain, bei Michelstadt-Vielbrunn, im Hunsrück und am Silbersee in Nordhessen, alle nach gleicher Blaupause erstellt.
Ebenfalls wurde das Objekt in Reichelsheim-Unter-Ostern 1972/1973 in einem kleinen Seitental auf einem Grundstück von 125 000 qm konzipiert. Die Finanzierung erfolgte über einen geschlossenen Immobilienfonds (siehe Dokument Zertifikat), den die damalige Bank für eine Gemeinwirtschaft AG auflegte. Auch konnte der Bank-Chef Walter Hesselbach dieses Vorhaben ‘politisch’ zusammen mit dem Landrat Horst Schnur und der Interessen-Gemeinschaft-Odenwald ( I-G-O ) unterstützen, denn es gab viele Gegner in der Odenwälder-Bauernschaft, gegen Touristen auf ihren Feldern und in ihren Wäldern.
Aller Anfang ist nicht leicht
Nach vielen Diskussionen und Vereinbarungen über Ersatzleistungen bei ‘geklauten Äpfeln und Walnüssen’ oder bei ‘weniger Milchausbeute von nervösen Kühen’ konnte dann aber die Anlage 1974 in Betrieb gehen.
Eine der ersten Veranstaltungen im damaligen Gemeinschaftszentrum (zwei Restaurants, eine Diskothek, ein Hallenbad mit Sauna, ein Pferdestall mit Reitplatz ) war die Sitzung 1974 der I-G-O mit viel Prominenz aus Politik und Tourismus.
In allen wesentlichen Reisekatalogen ( TUI, NECKERMANN, GUT etc.) der damaligen Zeit wurden die Ferienhäuser offeriert: Ferienerlebnisse in der Natur, dazu gab es Angebote wie Kutschfahrten, Liederabende am Lagerfeuer oder geführte Reitertouren.
Aber die Entwicklung des Tourismus verlief in Deutschland anders als eingeschätzt. Der Trend hieß ‘Weit weg in die Ferne’. Die Folge war, dass die notwendige wirtschaftliche Rentabilität des Feriendorfes nicht erzielbar war. Anfang der 80-er Jahre scheiterte das Finanzierungs-Konzept. Die Bank zahlte die Zertifikatszeichner aus und übernahm das Objekt im Wege des Rettungserwerbs, nachdem die Initiatoren in die Insolvenz gegangen waren.
Der Frieden Kehrt Ein
Nun ging es darum, eine andere Lösung zu finden. In 1986 war es dann soweit. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten und des Infrastrukturnetzes kam eine ‘Eigentums-Parzellierung’ nicht in Frage. Es entstand mit der Eintragung des Grundbuchamtes Michelstadt Wohnungseigentum in Form der ‘WEG Freizeitdorf-Ostertal’. Der Verkauf dieses Wohnungseigentums erfolgte dann in der zweiten Jahreshälfte 1986 und im Frühjahr 1987. In der ersten Phase waren es überwiegend Naturfreunde aus den umliegenden Ballungsgebieten, die sich hier ein Wochenend- oder Urlaubsdomizil zu günstigem Preis erwarben. Nach und nach erweiterte sich der Kreis der ‘Festwohner’, so dass heute ein Verhältnis von 50:50 gegeben ist.
Nach mehr als 30 Jahren ist jetzt auch Frieden mit den ‘Ur-Einwohnern’ eingekehrt. Die Gemeinde verzeichnete einen Einwohnerzuwachs in ihrer Finanzbemessungsgrundlage. Der Einzelhandel und die Gastronomie freuen sich über die Kunden aus dem Freizeitdorf. Die Bauern beklagen sich immer noch über entwendete Walnüsse – aber nicht mehr so heftig.
Und die Wohnungseigentümer in der WEG diskutieren leidenschaftlich seit Jahr und Tag über die richtige Nutzung und Verwaltung ihres Objektes:
Was ist der Charakter der Anlage? Was ist veränderbar? Was darf es kosten?
Januar 2008 H.T.